04.07.2024
Arbeiten als Notarin: Worauf kommt es an?
Nora Ziegerts beruflicher Werdegang als Notarin begann mit ihrem Jurastudium und führte sie schließlich zu ihrer eigenen Kanzlei in Augsburg. Was zu ihren täglichen Aufgaben gehört, was sie an ihrem Beruf am meisten schätzt, und welchen Herausforderungen sie sich stellen musste – all das erzählt sie im Interview.
Wie sind Sie zur Arbeit als Notarin gekommen?
Zunächst habe ich Jura studiert. Dafür habe ich mich entschieden, weil ich anfangs noch nicht so recht wusste, was ich beruflich machen möchte, und mir das Studium viele Möglichkeiten eröffnete. Als dann letztendlich die passenden Noten da waren, fing ich an, mich nach meinen Optionen umzuschauen. So stieß ich schließlich auf das Notariat und dachte, ich schaue mir das mal an. Erst einmal habe ich einzelne Tage einen Notar bei seiner Arbeit begleitet, das nennen wir „hospitieren“. Nachdem mir seine Arbeit gut gefallen hat, habe ich mich dazu entschieden, Notarin zu werden. In Bayern muss man dafür eine mindestens dreijährige Lernphase durchlaufen, die sogenannte Assessorenzeit. In dieser Zeit erlernt man einerseits selbst den Beruf und unterstützt andererseits „fertige“ Notar:innen bei ihrer Tätigkeit. Nach Ablauf der drei Jahre kann man sich auf freie Notarstellen bewerben. Die Assessorenzeit hat mich in meinen ersten Eindrücken bestätigt, dass mir dieser Beruf sehr gut gefällt, und ich habe diesen Weg weiterverfolgt.
Was macht ein:e Notar:in an einem typischen Arbeitstag?
Meine Hauptaufgabe liegt darin, mit den Mandant:innen ins Gespräch zu gehen. Üblicherweise kommen sie direkt zu mir in die Kanzlei und wir besprechen gemeinsam ihr Anliegen – ob es der Kauf einer Immobilie ist, die Gründung einer Gesellschaft, ein Ehevertrag oder die Frage, was mit ihrem Vermögen nach ihrem Tod passieren soll – oder auch schon vorher. Bei ganz einfachen Fällen ist ein persönliches Vorgespräch nicht unbedingt nötig. Ist die Situation der Mandant:innen komplexer, schildern sie mir genau, was ihr Problem ist und welche Wünsche sie haben. Meine Aufgabe liegt dann darin, dies in eine individuell passende juristische Lösung zu „übersetzen“.
Ich selbst oder meine Mitarbeiter:innen schreiben für die Mandanten auf Basis der Vorbesprechung einen Urkundenentwurf. Diesen schicken wir ihnen zu, damit sie mögliche Korrekturen vornehmen können. Sollte etwas noch nicht zu ihrer Zufriedenheit sein, kommen sie noch einmal vorbei und wir ändern das gemeinsam. Bei der anschließenden Beurkundung lese ich ihnen diesen Urkundentext vor und übersetzte quasi zurück vom „Jura-Deutsch“ in alltägliche Sprache, damit alles auch verständlich ist.
Welche Eigenschaften muss ich mitbringen, um als Notar:in zu arbeiten?
Die notwendigste Voraussetzung ist ein sehr gutes juristisches Staatsexamen. Sonst kommt man in diesen Beruf nicht rein. Um wirklich Spaß an der Arbeit als Notar:in zu haben, sollte man neben diesen juristischen Fähigkeiten gerne mit Menschen arbeiten. Das Notariat kombiniert anspruchsvolle juristische Aufgaben mit viel Empathie und Zugang zu emotionalen Herausforderungen. Freude am Zuhören, an Gesprächen und Unterhaltungen ist hier deshalb sehr vorteilhaft.
Ich habe immer das Gefühl, meine Mandant:innen und ich überspringen den Smalltalk. Damit ich vernünftig meiner Arbeit nachgehen kann, müssen alle Karten auf den Tisch gelegt werden. Hier ist es ganz egal, ob es um uneheliche Kinder geht, oder familiäre Konflikte, oder eben all die Dinge, die man auf der Gartenparty eher nicht erzählen würde. Deshalb gehört es als Notarin auch zu meiner Aufgabe, den richtigen Umgang mit sensiblen Informationen zu finden. Es darf keine Wertung stattfinden, alles muss ganz neutral aufgefasst werden und ist absolut verschwiegen zu behandeln.
Was außerdem nicht zu unterschätzen ist, ist die unternehmerische Seite des Berufs. Auch daran sollte man als Notar:in Spaß haben. Das Notariat ist eine sehr selbstständige Arbeit, die viele organisatorische Aufgaben mit sich bringt. Bei der Übernahme einer eigenen Kanzlei tun sich einige solche Punkte auf, um die man sich kümmern muss. Welche Öffnungszeiten möchte ich für mein Büro? Wie viele Mitarbeitende stelle ich ein? Wie bilde ich diese aus? Was für ein Schild kommt an die Tür? Ich selbst habe zum Beispiel immer noch kein Türschild, weil ich mir ein rotes Schild wünsche und die notwendige Genehmigung des Denkmalschutzes noch nicht da ist. All diese Dinge benötigen viel Zeit und Aufmerksamkeit – neben der juristischen Arbeit– und im besten Fall hat man zumindest ein bisschen Spaß daran.
Was gefällt Ihnen am besten an Ihrem Beruf?
Besonders schätze ich, dass ich als Notarin in vielerlei Hinsicht eine große Freiheit habe. Natürlich gibt es auch hier gewisse Regeln, an die ich mich halten muss. Anders als bei den Anwält:innen bin ich jedoch nicht verpflichtet, eine Partei zu vertreten. Ich darf meine Mandant:innen ganz sachlich und neutral beraten und ihnen mitteilen, was ich in meinen Augen für den richtigen rechtlichen Weg halte. Ein bisschen wie eine Richterin also – allerdings darf ich bereits tätig werden, bevor es zu einem Konflikt kommt.
Wir Notar:innen überlegen uns schon bei der Gestaltung der Verträge, wie es in Zukunft für die Mandant:innen weitergehen könnte – wie wir sie bestmöglich für alle Fälle absichern können, egal was kommt. Zu uns kommen die Menschen üblicherweise, bevor die Lage so ernst wird, dass ein Gericht eingeschaltet werden muss. Es ist also meist noch alles offen – das gefällt mir sehr gut als Basis für eine Beratung.
Auch die Organisation meines eigenen Büros und das Verwalten meines Teams gefallen mir sehr gut. Denn auch hierbei habe ich die Freiheit, alles für mein Team und mich bestmöglich zu gestalten. Das empfinde ich als großen Luxus.
Sie sind die erste Notarin in Augsburg. Welchen Herausforderungen mussten Sie sich stellen, um an diesen Punkt zu kommen?
Die wohl größte Herausforderung auf dem Weg zur Notarin lag darin, anderen Menschen zu vermitteln, dass es möglich ist, als Frau und Mutter in diesem Berufsbild zu arbeiten. Selbst heutzutage trauen dir viele noch nicht zu, eine Frau zu sein, eine Familie und eine eigene Notarstelle zu haben. Meine Mutter hatte eine eigene Praxis als Psychiaterin und zwei Kinder, meine Oma hatte eine eigene Zahnarztpraxis und drei Kinder. Dank dieser tollen Vorbilder wusste ich, dass eine anspruchsvolle Berufstätigkeit und Familie gut vereinbar sind. Die Vorurteile insbesondere mancher Männer haben mich höchst verwundert. Jetzt, wo ich angekommen bin, hat sich das Problem aber erledigt. Jetzt kann sich jeder selbst davon überzeugen, dass es möglich ist.