(C) Adrian Goldberg06.11.2025 ● Janika Schneider
Lärm, Druck, kaltes Adrenalin: Der Alltag als Eishockeyspieler
Torhüter:in im Eishockey zu sein, ist kein leichter Job. Sie stehen ständig unter Beschuss und tragen die schwerste Ausrüstung sowie die Verantwortung darüber, ob ein Spiel kippt oder gerettet wird.
Für viele ist das die undankbarste Position auf dem Eis, für Markus Keller von den AEV Panthern war es von Anfang an der logischste Platz. Mit zehn Jahren tauschte er Fußballschuhe gegen Kufen und startete seine Karriere als Eishockeyspieler. Er gewann Meisterschaften, wurde zweimal zum Torwart des Jahres gekürt, brach den Augsburger Vereinsrekord für Torwarteinsätze in der Deutschen Eishockeyliga (DEL) und ist nun als Teammanager für die Panther zuständig. Im Gespräch erzählt er, was die größten Herausforderungen im Sport sind, wie man sich auf Wettkampftage vorbereitet und wie ein typischer Alltag als Eishockeyspieler aussieht.
Mit zehn Jahren hat deine Karriere als Eishockeyspieler angefangen. Wie bist du zum AEV gekommen? Und warum ausgerechnet als Torwart?
Ich habe eigentlich, wie gefühlt jeder Junge in Deutschland, mit Fußball angefangen. Mein Vater war aber kein großer Fußballfan und hat mich irgendwann zu einem Eishockeyspiel mitgenommen. Dort war ich dann vollkommen begeistert von dem Sport und wollte unbedingt selbst Eishockey spielen.
Zum Torwart kam ich dadurch, dass wir als Kinder immer Straßenhockey gespielt haben – da musste auch immer einer ins Tor. Diese Person war meistens ich. Beim Eishockey habe ich zwar als Spieler angefangen, zwischenzeitlich hatten wir aber nur noch einen Torwart und als nach einem zweiten gesucht wurde, habe ich mich sofort gemeldet.
Was sind die größten Herausforderungen beim Wechsel von der Nachwuchsliga ins Herren-Eishockey?
Der Unterschied ist riesig. Ein Jahr vorher war ich noch einer der ältesten Spieler im Team und plötzlich bin ich wieder das Küken. Man ist nicht mehr Führungsspieler, sondern stellt sich hinten an – inklusive Aufgaben abseits des Eises. Das gehört dazu, ist aber erst einmal eine Umstellung. Auch das Niveau ist ein ganz anderes. Ich bin damals in der Oberliga (3. Liga) eingestiegen und war überrascht, wie schnell und wie gut alle Spieler sind.
Wie sieht ein typischer Trainingsalltag aus – inklusive Routinen und Ritualen?
Außer montags wird jeden Tag trainiert. Treffpunkt ist um 9 Uhr, um 10 Uhr geht es aufs Eis. Davor oder danach steht noch eine Einheit im Kraftraum an. An einem Spieltag wird nur kurz „angeschwitzt“ – das heißt, man geht ungefähr 20 Minuten aufs Eis, um sich ein bisschen zu bewegen und ein Gefühl für die Scheibe zu bekommen. Abgesehen davon hat jeder seine eigene Spieltagsroutine. Manche Spieler kommen früher, manche etwas später. Die meisten Eishockeyspieler sind auch sehr abergläubisch. Ich habe zum Beispiel die letzten 15 Jahre an jedem Spieltag Reis und Lachs gegessen und auch immer zur selben Uhrzeit versucht, meinen Kaffee zu trinken.
Wie schafft man es, sowohl körperlich als auch mental fit zu bleiben? Wie gehst du mit Drucksituationen um?
Körperlich fit zu bleiben, ist der einfachere Teil. Mental über acht Monate auf Topniveau zu performen, ist aus meiner Sicht das Schwierigste. Besonders, wenn es einmal nicht läuft. In Augsburg haben wir jahrelang gegen den Abstieg gespielt, da lastet über 52 Spiele ein enormer Druck auf einem. Gerade als Torwart spürt man das extrem. Auf dem Eis versuche ich, alles auszublenden und in eine Art Tunnel zu kommen. Aber das ist nicht immer möglich. Manchmal hat man Belastungen im Hinterkopf oder ist angeschlagen. Das sieht das Publikum oft gar nicht.
Wie hat sich das deutsche Eishockey in den vergangenen Jahren verändert, seitdem du angefangen hast?
Sehr viel zum Positiven. Die Nationalmannschaft hat in den letzten Jahren starke Erfolge gefeiert. Zu Beginn meiner Karriere war Deutschland eher eine Fahrstuhlmannschaft zwischen A- und B-WM. Heute ist das Team fest in der A-Liga etabliert und hat Medaillen bei Weltmeisterschaften und Olympia geholt. Auch die DEL hat sich stark entwickelt: Sie ist mittlerweile die europäische Liga mit den meisten Zuschauer:innen und das Niveau steigt stetig.
Was würdest du jungen Sportler:innen mit auf den Weg geben, die diesen Karriereweg einschlagen?
Es ist auf jeden Fall wichtig, immer dranzubleiben. Arbeit und Fleiß sind Dinge, die von einem selbst abhängen und wo man einhundert Prozent geben muss. Talent sollte man natürlich auch mitbringen. Aber meine Motivation war immer: Ich will mir niemals vorwerfen müssen, dass ich einmal zu faul oder unprofessionell war. Deshalb habe ich immer alles gegeben und habe nun 18 Profijahre hinter mir.


