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06.09.2022 Augsburger Allgemeine

Dienst nach Vorschrift: Quiet Quitting 

„Quiet Quitting“ heißt wörtlich übersetzt „stilles kündigen“. In Deutschland gibt es dieses Phänomen jedoch schon länger. Hierzulande spricht man vom „Dienst nach Vorschrift“: Statt einer „stillen Kündigung“ also handelt es sich arbeitsrechtlich gesehen darum, die eigene Arbeitsleistung auf das Nötigste zu reduzieren, ohne vertragliche Pflichten zu verletzen. Das Ziel ist allerdings nicht, dem Arbeitgeber zu schaden, sondern es bedeutet, nur noch die Arbeit zu leisten, für die man auch bezahlt wird. Sprich: keine unbezahlten Überstunden, kein zusätzlicher Aufwand, keine Erreichbarkeit nach Dienstschluss.

Quiet Quitting statt Selbstaufopferung

Statt einer tatsächlichen Kündigung des Jobs geht es vielmehr darum, sich von gewissen Ideen zu verabschieden:

  • Die Arbeit ist nicht das Wichtigste im Leben: Sie ist lediglich ein Mittel zum Zweck. Unbezahlte Überstunden verhelfen nicht zu mehr Lebenssinn. Warum sollte man also über den Dienst nach Vorschrift hinaus Aufgaben übernehmen, für die man nicht bezahlt wird?
  • Die berufliche Tätigkeit definiert nicht den Wert einer Person: Leistung ist nicht alles und die Anforderungen des Jobs oder der Arbeitgeber:innen müssen nicht „übererfüllt“ werden. Es drängt sich auch auf die Frage auf, worin man seine Energie Tag für Tag investieren möchte. In die Arbeit oder ins Privatleben?
  • Quiet Quitting kann einem möglichen Burnout vorbeugen: Vergangenes Jahr haben in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt 4,5 Millionen Menschen Überstunden geleistet. Daher lautet das Motto: Auf-sich-achtgeben statt Ausbrennen!

Dienst nach Vorschrift – wieder im Trend

Hinsichtlich der aktuellen Krisen und des Arbeitskräftemangels denken viele über einen Jobwechsel nach. Die Rahmenbedingungen sind allerdings zu unsicher, man fühlt sich in seinem Job gefangen und distanziert sich innerlich davon. Frust und Überforderung können mögliche Ursachen sein, daher ist die Tendenz zu „Quiet Quitting“ als Aufschrei der Belegschaft zu verstehen. Damit sich die Arbeitnehmer:innen wieder emotional an das Unternehmen gebunden fühlen, müssen Arbeitgeber:innen neue Modelle ausprobieren. Flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuung, faire Bezahlung – das alles spielt mit rein. Diese Veränderungen lassen sich auch gemeinsam mit den Mitarbeitern erarbeiten.

Darüber hinaus ist die momentane Tendenz zum Dienst nach Vorschrift eine Kritik an der „Hustle Culture“: Ist es noch tragbar, sich bis zur Selbstaufgabe zu überarbeiten und immer eine Extrameile dranzuhängen? Und sollte es einen nicht stutzig machen, wenn die Einhaltung des Arbeitsvertrages und des Arbeitszeitgesetzes schon als „stille Kündigung“ aufgefasst wird? Zwar ist Quiet Quitting noch lange kein Massenphänomen, zahlreiche Diskussionen zum Thema Arbeitsbedingungen sind aber deswegen schon angestoßen worden.

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