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23.08.2022

Welche Aufgaben haben Schulbegleiter:innen?

Alexandra Sandner-Linz arbeitet seit 2005 im Frère-Roger-Kinderzentrum in Augsburg, das zur Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e. V. (KJF Augsburg) gehört. Zehn Jahre war sie im stationären Bereich als Erzieherin in einer therapeutischen Wohngruppe tätig, bevor sie sich nach der Geburt ihrer Tochter als Schulbegleiterin beworben hat. Seitdem begleitet sie Kinder mit einer Autismus-Diagnose in ihrem Schulalltag und hilft ihnen, sich in die Klasse zu integrieren, sich zu strukturieren und im Unterricht konzentriert zu bleiben.

Wie sieht der Arbeitsalltag als Schulbegleiter:in aus und welche Aufgaben gehören dazu?

Alexandra Sandner-Linz: Prinzipiell werden immer individuelle Vereinbarungen mit den Eltern oder Betreuerinnen und Betreuern der Kinder getroffen. Bei uns gibt es die Möglichkeit, die Kinder schon morgens aus der Heimgruppe abzuholen und mit ihnen gemeinsam zur Schule zu gehen. Wenn das Kind zuhause in der Familie lebt, kann es aber auch sein, dass man sich erst im Klassenzimmer trifft. Zu meinen Aufgaben als Schulbegleiterin gehört es, Strukturierungshilfe zu leisten und dem Kind dabei zu helfen, den Arbeitsplatz zu organisieren.Es geht aber auch um Unterstützung in der Emotionsregelung und darum, gemeinsam Konflikte zu lösen sowie bei der Kommunikation mit den Lehrkräften oder den anderen Schülerinnen und Schülern zu helfen.

Als Schulbegleiterin muss ich ständig Impulse geben, damit sich das Kind wieder fokussiert und strukturiert. Kinder und Jugendliche mit einer „Autismus-Spektrum-Störung“, wie es korrekt heißt, lassen sich schnell durch Kleinigkeiten ablenken. Genau für diese Momente sind wir Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter da. Ich sage dann zum Beispiel: „Stopp, schau, wo wir gerade sind. Wir lesen jetzt wieder mit!“ In der Pause kümmere ich mich darum, dass Sozialkontakte nicht eskalieren, oder ich motiviere das Kind, mit anderen Kindern zu spielen. Wichtig zu wissen ist, dass der Fokus der Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter auf der Betreuung und Unterstützung des Kindes liegt. Für die Inhalte und die Vermittlung des Lern/-Unterrichtsstoffes sind die Lehrerinnen und Lehrer in den Klassen verantwortlich.

Welche Herausforderungen bringt der Job mit sich?

Alexandra Sandner-Linz: Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter müssen sehr krisensicher sein, denn es gibt immer wieder Situationen, die für ein autistisches Kind sehr schwierig sein können. Um ein Kind in die Klasse zu integrieren, braucht es daher sehr viel Fingerspitzengefühl. Zum Beispiel kommt es vor, dass das Kind einfach ausflippt, Türen zuschlägt oder das Klassenzimmer verlässt. Man muss sich bewusst sein, dass diese Krisen gerade am Anfang häufig auftreten und eine Herausforderung sein können.

Welche Fähigkeiten müssen Schulbegleiter:innen mitbringen, um die Aufgaben im Arbeitsalltag zu meistern?

Alexandra Sandner-Linz: Zuallererst möchte ich sagen, dass es ein Beruf für Frauen und Männer ist. Über Zuwachs – gerade von männlichen Personen – würden wir uns sehr freuen. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es schon wichtig ist, aus einem sozialen Beruf zu kommen – beispielsweise aus der Kinder- oder Heilerziehungspflege. Aber es gibt auch viele gute Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die durch ihre jahrelange Erfahrung einen sehr guten Job machen. Als Schulbegleiterin oder Schulbegleiter muss man einfach empathisch sein, Beziehungsarbeit leisten und eine Bindung zum Kind aufbauen können. Denn ohne Bindung hat man keine Chance, bei Kindern und Jugendlichen mit einer Autismus-Spektrum-Störung etwas zu erreichen.

Außerdem ist es wichtig, ein gutes Verhältnis zu den Eltern und Lehrkräften aufzubauen und intensiv zusammenzuarbeiten, immer zum Wohle des Kindes. Darüber hinaus spielt Verlässlichkeit eine entscheidende Rolle. Die Kinder müssen wissen, dass ihre Begleitung jeden Tag von 8 bis 13 Uhr für sie da ist. Für autistische Kinder sind Strukturen, klare Regeln und Bezugspersonen besonders wichtig. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man als Schulbegleiterin oder Schulbegleiter arbeiten möchte. Schwierig wird es nämlich, wenn man den Job nach wenigen Wochen wieder aufgibt und sich das autistische Kind auf eine neue Bezugsperson einlassen muss.

Was macht den Beruf für Sie besonders?

Alexandra Sandner-Linz: Die Beziehung und das Vertrauen, das die Kinder zu mir haben. Der Job gibt einem unglaublich viel zurück. Es ist schön zu sehen, welche Fortschritte und Entwicklung viele Kinder machen. Am Anfang kann die Arbeit mit einem Kind unglaublich schwierig sein und schon nach einem halben Jahr denkt man sich „Super, das schafft er oder sie jetzt schon ganz alleine!“. Ich hatte zum Beispiel zwei Neuntklässler, bei denen jeder dachte, dass sie ihren Schulabschluss nicht schaffen. Am Ende haben die beiden ihren Schulabschluss bekommen und sind tolle junge Männer geworden. Das macht einen wahnsinnig stolz, weil man einfach den Prozess von klein auf bis zur neunten Klasse begleitet hat. Diese gewonnene Selbstständigkeit zu sehen, ist ein sehr schönes Gefühl.

 

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