
11.03.2025 ● Julia Leeb
Arbeitsplatz Schiene – Straßenbahnfahrer in Augsburg
Die Straßenbahn ist in Augsburg das meistgenutzte öffentliche Verkehrsmittel. Nach München ist das Straßenbahnsystem der Fuggerstadt, gemessen an der Streckenlänge, das größte in Bayern - sogar noch vor Nürnberg und Würzburg. Auf ungefähr 50 Kilometern befördern die fünf Linien jährlich rund 60 Millionen Fahrgäste. Doch wie kommt man eigentlich dazu, Straßenbahnfahrerin oder Straßenbahnfahrer zu werden? Und wie sieht der Arbeitsalltag aus? Das und mehr verrät Sebastian Kunesch, der mit 23 Jahren einer der jüngsten Straßenbahnfahrer Augsburgs ist, im Interview. Ursprünglich hat er einen anderen Beruf erlernt, entschied sich jedoch für einen Quereinstieg bei den Stadtwerken Augsburg (swa). Dort arbeitet er nun seit etwa einem Jahr.
Wie bist du darauf gekommen, Straßenbahnfahrer zu werden?
Eigentlich durch Zufall. Ich bin gelernter Elektroniker für Sicherheitstechnik und bin zufällig über Instagram auf die Stellenanzeige der Stadtwerke Augsburg gestoßen. Dort haben sie nach Bus- oder Straßenbahnfahrern gesucht und ich habe mir gedacht: Warum eigentlich nicht?
Wie wird man Straßenbahnfahrer?
Nach meiner Bewerbung über die Website der swa bekam ich die Einladung zum Einstellungsverfahren. Dort wurden zunächst alle Bewerber:innen durch den Betriebshof geführt und bekamen Infos über die Stadtwerke und den späteren Arbeitsalltag. Danach stand ein schriftlicher Test an, bei dem in verschiedenen Aufgaben Grammatik, Rechnen, Konzentration, Allgemeinwissen und logisches Denken abgefragt wurden. Anschließend folgten Einzelgespräche, die wie klassische Bewerbungsgespräche abliefen. Zum Schluss mussten wir mit dem Auto eine kleine Probefahrt machen, um unser Können hinter dem Lenkrad zu zeigen. Nach Bestehen des Tests wurde ich nochmal zu einer Testfahrt mit der Straßenbahn auf dem Betriebshof eingeladen. Kurz darauf kam dann auch schon die Zusage.
Die Ausbildung an sich dauert fast drei Monate, wovon man am Ende drei Wochen in Begleitung von erfahrenen Fahrer:innen selbst fahren darf. Zu Beginn besteht die Ausbildung aus Theorie und Praxis. Während dieser Zeit hat man eine theoretische Zwischenprüfung und zum Abschluss dann noch einmal eine theoretische und praktische Prüfung.
Wie läuft ein gewöhnlicher Arbeitstag als Straßenbahnfahrer ab?
Ich starte entweder am Straßenbahnbetriebshof (SBF) oder am Königsplatz, je nach Schicht. Wenn man am Kö startet, übernimmt man eine Tram, die zuvor schon unterwegs war. Wenn man im SBF beginnt, muss man das Fahrzeug kontrollieren und herrichten, bevor man ausrückt. Dann fahre ich in der Regel zwischen drei und vier Stunden eine Linie, bevor ich Pause habe. Danach beginnt der Ablauf wieder von vorne, nur dass man dann eine andere Linie fährt als davor.
Was gefällt dir besonders gut am Straßenbahnfahren?
Sehr gut finde ich, dass ich mir meine Schichten wünschen kann. Das wird auch in wirklich vielen Fällen berücksichtigt. Alles ist sehr unkompliziert, auch von Seiten der Stadtwerke. Außerdem macht mir das Fahren an sich Spaß, weil es auf Schienen ganz anders ist als mit dem Auto. Das fand ich vor allem am Anfang eine sehr spannende Erfahrung.
Was war das Witzigste oder Spannendste, was du je erlebt hast?
Es gibt oft witzige Momente, vor allem mit Fahrgästen. Eine Situation, an die ich mich gut erinnere, war, als mich eine Frau gefragt hat, welche Tram als Erstes fährt, weil zwei hintereinander auf dem Gleis standen. Da musste ich innerlich schon schmunzeln.
Spannend ist es, wenn etwas anders läuft als üblich – zum Beispiel, weil irgendwo etwas Außerplanmäßiges passiert ist oder ein Signal nicht funktioniert. Natürlich ist das für die Fahrgäste meistens nicht so toll und auch wir Fahrer müssen dann oft improvisieren. Das macht es aber auch sehr abwechslungsreich. Am aufregendsten für mich war bisher, dass ich mal eine andere Straßenbahn abschleppen musste.
Welche Herausforderungen gibt es beim Straßenbahnfahren?
Wir müssen bei jeder Fahrt natürlich sehr konzentriert sein. Zum einen haben wir immer die Umgebung und Personen im Blick, die beispielsweise noch schnell über die Straße rennen, um die Straßenbahn zu erwischen. Zum anderen müssen wir natürlich auch die anderen Verkehrsteilnehmer wie Autos oder Fahrräder beobachten und gegebenenfalls reagieren. Da wir mit einer Straßenbahn nicht ausweichen können, müssen wir sehr vorausschauend fahren. Und ruhig bleiben hilft selbstverständlich auch.